Am 22. Februar 2023 jährt sich zum 80. Mal die Hinrichtung von Sophia und Hans Scholl sowie von Christoph Probst.
Aus diesem Anlass steuern wir neue Motive bei. Zum ersten Mal ist nun der frühere Hinrichtungsbau im Gefängnis München-Stadelheim in Farbe zu sehen. Und ein „Röntgenblick“ in das Motiv gibt einen Eindruck vom damaligen Raum selbst.
Wo genau stand das „Fallbeil“? Wo befand sich der Eisenträger für die Erhängungen? Wo der Blutablauf? Wo befand sich das Waschbecken mit dem Schlauch?
Unsere bisherigen Motive vom Hinrichtungsraum haben wir überarbeitet: zu sehen sind nun alle acht damals im Raum anwesenden Personen (ohne den Verurteilten). Und es fehlen die roten Linien.
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Ausdrücklich erinnern wir mit diesen Motiven auch an die über 1.300 anderen, mitunter namenlosen Menschen (aus ganz Europa), die bis 1945 in diesem Raum ihr Leben verloren.
Zum Einstieg der kolorierte Blick auf das Hinrichtungsgebäude (auf der Basis einer überarbeiteten Zeichnung nach 1945). Wir recherchierten die frühere farbliche Optik der Eingangsfassade – und fügten einen echten Himmel sowie einen Rasen hinzu. Der Charakter der Zeichnung ist dabei erhalten geblieben. Die Verurteilten überquerten auf ihrem ´letzten Gang` einen Hof. Der Hinrichtungsbau bestand aus Ziegelmauerwerk mit weißem Kalk- oder Mörtelputz. Um die Fenster und Türen waren die Ziegel unverputzt zu sehen. Dies belegen alte Schwarz-Weiß-Fotos.
Welche genaue Farbigkeit hatten die verwendeten „Reichsformatziegel“, die für die Aufmauerung des Hinrichtungsgebäudes verwendet wurden? Hierzu liegen uns leider keine Farbinformationen vor. Deshalb schlagen wir beispielhaft die Farbigkeit eines alten Behörden-Gefängnisgebäudes in München vor, das vor/um 1900 herum aus Ziegelmauerwerk errichtet wurde: Die jetzige „Freigängerabteilung“ in der Münchener Leonrodstraße. Links stellten wir drei Fenster der Fassade zum besseren Vergleich digital frei. Diese Farbigkeit ist eventuell auf München-Stadelheim übertragbar.
Der ´Röntgenblick´ in das Gebäude zeigt den damaligen Platz des Fallbeils und den Tisch für die Vollstreckungsbeamten. Auch das Waschbecken und der Vorhang sind zu sehen. Der Raum hatte eine Länge von rund 12 Metern (minus zwei Mal die Wandstärke; jeweils 24 cm). Eine Breite von rund 7 Metern (minus ein Mal die Wandstärke; 24 cm). Der Raum bis zum seitlichen Ansatz des Daches war knapp 4 Meter hoch. Eine Decke im Raum gab es bis 1945 wohl nicht. Danach wurde diese beim Umbauten des Raumes eingezogen. Das bezeugen Filmaufnahmen aus dem Jahre 1958.
Die aufgehellte Türe links ist der Zugang zur Nebengarage – das ist unsere Theorie und Überzeugung. Diese Öffnung war ganz einfach auch zum Durchlüften des Hinrichtungsraums in den heißen und schwülen Sommermonaten nötig. Nur so konnte man den starken (und süßlichen) Blutgeruch im Raum nach einem Hinrichtungstag wieder entfernen. Allein mit dem Öffnen von Fenstern erreicht man dies nicht – ein Durchzug des Windes ist nötig. Und: für die Anatomie der Universität München wäre auch ein direkter Zugrff auf die Leichen möglich gewesen.
Der identische Blick – aber um die Erhängungsschiene ergänzt. Diese wurde in der ersten Jahreshälfte 1943 im Raum eingezogen. Zum Zeitpunkt der Hinrichtung der Geschwister Scholl und Christoph Probst befand sie sich noch nicht im Raum. Die Schlingen aus Hanfleinen waren nur 70 cm lang. Der Verurteilte hing deshalb recht nahe am Stahlträger.
Das Motiv zeigt den Beginn einer Hinrichtung: links im Fenster ist eine Dreiergruppe zu sehen (ein Verurteilter und zwei Gefängnisbeamten). An der Türe innen steht ein Gerichtsmitarbeiter. Dieser wird die Türe gleich öffnen.
Der Verurteilte hat den Raum betreten – und steht für den Namensabgleich vor den Vollstreckungsbeamten (Gefängnisleiter, der leitende Staatsanwalt und der Gefängnisarzt). Im Hintergrund ist der noch zugezogene schwarze Vorhang zu sehen.
Die Hinrichtung ist abgeschlossen: der Verurteilte liegt im Sarg hinten links. Zu sehen sind alle acht damals im Raum anwesenden Personen. Vorne die vier Vollstreckungsbeamten, im Hintergrund der Scharfrichter mit seinen drei Gehilfen.
Dieses Motiv zeigt den Zustand im Hinrichtungsraum am 22. Februar 1943. Im Verlauf des Jahres 1943 (ab April/Mai) wurde im Raum ein Stahlträger für Erhängungen eingezogen (siehe unten).
Hier das identische Motiv – aber nun mit der Erhängungsschiene ab April/Mai 1943. Der Stahlträger befand sich gleich direkt hinter dem Fallbeil mit dem Blutabluss. Körperausscheidungen der Erhängten konnte so leicht weggespült werden.