Rekonstruktion der früheren Synagoge am Nürnberger ´Hauptmarkt´. 1349 durch ein Pogrom zerstört


Geführt wird ein Indizienprozess. Zum Aussehen der Fassade der früheren Synagoge gibt es keinerlei sichere Quellen (damalige Beschreibungen etc.). Nur das Fundament einer Säule der früheren Synagoge (im Innern der jetzigen ´Frauenkirche´, dem Nachfolgebau) lässt bauliche und statische Schlussfolgerungen zu. Der Mittelpunkt, die Breite und Höhe der damaligen Fassade zum jetzigen Hauptmarkt hin lässt sich über diesen wichtigen Fixpunkt sicher bestimmen.

Als Vergleichsbauten für unsere Rekonstruktion zogen wir die erhaltene Alt-Neu-Synagoge in Prag aus dem späten 13. Jahrhundert und die Ausgrabungen der 1519 abgerissenen Synagoge in Regensburg hinzu. Beide Synagogen haben einen ähnlichen Grundriss, eine ähnliche Höhe im Innern und vergleichbare Grundmaße (Länge x Breite). Die jüdische Bevölkerungszahl in Nürnberg war vergleichbar, aber nicht höher. Deshalb gehen wir von einem ähnlichen Baumaß aus.

Für unsere Visualisierungen entfernten wir die Nürnberger ´Frauenkirche´ auf dem Foto des Jahres 2023. Die Westfassade der Kirche ist als helle weiße Fläche noch zu erkennen.


Als Einstieg zeigen wir die frühere mögliche Umrisslinie der Synagoge zusammen mit dem möglichen Innenraum – auf der Basis einer Darstellung der Regensburger Synagoge von 1519. Ein Gefühl für die Dimension und Größe des Gebäudes wird so möglich. Der frühere Boden des Innenraums lag in Nürnberg (wie bei jeder mittelalterlichen Synagoge) unter dem des Außenbereichs.

Das gleiche Motiv: jetzt mir roter Backsteinoptik und ockerfarbenem Putz. Angelehnt an die erhaltene Prager Alt-Neu-Synagoge. Diese Giebelform mit Fialen noch oben gab es im 14. Jahrhundert in Nürnberg. Die Frage bleibt offen, ob der damalige Rat der Stadt Nürnberg der jüdischen Gemeinde eine solche Schmuck-Optik beim Bau der Synagoge erlaubt hatte.

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Hier eine andere Fassaden-Version – stark angelehnt an die erhaltene Prager Alt-Neu-Synagoge. Im 14. Jahrhundert waren Backsteingiebel, so auch in Nürnberg, eine architektonische Mode. Den verwendeten Giebel kann man an einem erhaltenen Gebäude der Nürnberger Altstadt so noch immer finden (in der Sebalder Altstadt). Die glatten Wandflächen sind ockerfarben verputzt, die Giebelstreben zeigen das Ziegelmauerwerk. Die Mauer links neben der Synagoge stellen wir uns als Einfassung für den jüdischen Friedhof bis 1349 vor. Das ist aber eine reine Vermutung von unserer Seite – ein Vorschlag.

Die Rekonstruktion auf der Basis der erhaltenen Prager Alt-Neu-Synagoge:

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Die beiden Motive zuvor zeigen eine ockerfarbene Wandfarbe. Für diese Farbwahl bei der Nürnberger Synagoge haben wir keinen Beleg. Nacktes Mauerwerk wurde auch in Nürnberg zum Schutz der Steine und der Mörtelfugen oftmals (wegen der damals oft noch sehr kalten Wintermonate) im Mittelalter verputzt. So wie auch in Prag zu sehen. Wir lassen bei diesem Motiv die Farbwahl offen – und lassen die reinen Baumaße sprechen. Hier die optisch attraktivere Giebel-Variante mit den Stein-Fialen.

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Hier das zweite Motiv – mit dem schmuckloserem Backstein-Schmuckgiebel als reinweiße Kulisse. Für Nürnberg halten wir beide Giebel-Varianten bis zur Zerstörung der Synagoge 1349 durchaus für möglich. Eine gewisse Finanzkraft der damaligen jüdischen Gemeinde in Nürnberg kann man grundsätzlich annehmen.

Die Rekonstruktion auf der Basis der 1519 abgerissenen Regensburger Synagoge:

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Die ´Regensburger-Variante´ ist auf diesem Motiv zu sehen. Wir rekonstruierten die mögliche Optik der Nürnberger Fassade anlog der Regensburger Synagoge. Diese wurde 1519 zerstört. Die Gebetsräume für die Frauen und der Eingangsbereich waren dort südlich dem zentralem Gebetsraum angeordnet. Auf unserem Motiv dann rechts. Auch diese Gebäude-Version ist für Nürnberg bis 1349 denkbar. Der Giebel hat in diesem Motiv die repräsentativere Backstein-Gestaltung. Die Fensterflächen in den Räumen rechts neben dem Hauptbau sind fiktiv gewählt – ein Vorschlag von unserer Seite.

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Das identische Motiv – hier aber mit dem optisch reduzierten Backsteingiebel. In Regensburg lag bis 1519 der jüdische Friedhof außerhalb der Stadtmauern. in Nürnberg hingegen lag das jüdische Viertel im Jahre 1349 außerhalb der ummauerten beiden Stadthälften. Ein Friedhof direkt neben der Synagoge ist deshalb denkbar.

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Zum Abschluss das verwendete Foto mit der Nürnberger ´Frauenkirche´. Diese wurde in den 1350-er Jahren direkt über der Fläche der abgerissenen früheren Nürnberger Synagoge erbaut. Auch hier fallen die Stein-Fialen im Giebel als schmückendes Element auf.

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Für unsere Rekonstruktionen bzw. Vorschläge zum Aussehen der früheren Nürnberger Synagoge am ´Hauptmarkt´ haben wir umfangreich recherchiert. Hier ein Muster-Beispiel: die Grundrisse der Nürnberger ´Frauenkirche´, der der erhaltenen Alt-Neu-Synagoge in Prag (links) und der der 1519 abgerissenen Synagoge in Regensburg (rechts). Der blaue Punkt zeigt jeweils das in Nürnberg 1986 gefundene und im Boden erhaltene Säulen-Fundament. Unser Fazit: Die Breite bei beiden Synagogen ist ähnlich, in Regensburg gab es im Innern eine Säule mehr.

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Zum Abschluss zeigen wir in gelber Farbe den eigentlichen Gebetsraum (ohne die umgebende) Mauerstärke. Der Innenraum in Regensburg war bis 1519 größer als in Prag. Die Alt-Neu-Synagoge in Prag hat einen umlaufenden Gang. In diesem Außenbereich beteten die Frauen. In Regensburg waren die Räumlichkeiten zentral südlich dem Gebetsraum (für die Männer) angeordnet. Beide Raum-Varianten wären auch für die Nürnberger Synagoge am ´Hauptmarkt´ bis zur deren Zerstörung im Dezember 1349 denkbar.